candid? street? verboten?

Sicherlich gibt es schon zahlreiche Artikel zum diesen Themen, trotzdem möchte ich heute nochmal ein paar Hinweise darauf geben.

Vor einiger Zeit trafen wir uns hier in Nürnberg mit Oliver Krumes und zogen durch die Nürnberger Innenstadt. Wir hatten tolle Gespräche und auch den ein oder anderen guten Schnappschuss mit nach Hause genommen.

Während des Rundgangs fragte mich wieder einmal ein Gast-Fotograf zum Thema „Candid“ und „Legalität“. Nun ist das eigentlich gar nicht mein Thema, ich bin weder Jurist, noch kümmere ich mich ständig um die aktuelle Gesetzeslage zum Thema Street-Photography. Ich will lieber fotografieren.

Was ist „Candid“ eigentlich, was genau bedeutet das?

 Schaut man auf wikipedia nach, kann man die Definition davon nachlesen, hier ein Auszug:

A candid photograph is a photograph captured without creating a posed appearance. The candid nature of a photograph is unrelated to the subject’s knowledge about or consent to the fact that photographs are being taken, and unrelated to the subject’s permission for further usage and distribution. The crucial factor is the actual absence of posing.

Nun, was bedeutet das?

Ich sehe hier drei wesentliche Punkte:

Die Person posiert nicht, sprich das Foto ist absolut ungestellt, die Person weiss nicht dass sie fotografiert wird und die Person wird nicht gefragt ob sie fotografiert werden möchte. Hervorzuheben ist hier aber die Tatsache, dass das Foto aufgrund der Unwissenheit der fotografierten Person absolut ungestellt ist. Wenn wir das nun herunterbrechen könnte man sagen: Candid = ungestellt.

Was hat Candid also dann mit Street-Photography zu tun?

Auch hier hilft uns wikipedia:

Street photography, also sometimes called candid photography, is photography conducted for art or enquiry that features unmediated chance encounters and random incidents[1] within public places. Although there is a difference between street and candid photography, it is usually subtle with most street photography being candid in nature and some candid photography being classifiable as street photography.

Strassenfotografie ist somit hauptsächlich Candid, da in der Natur der Sache Strassenfotografie immer ungefragt ist.

Und genau das gibt dem Thema einen höheren Schwierigkeitsgrad, denn betrachtet man viele Strassenfotografien denkt man sich oft „wie hat er das nur gemacht, das kann doch gar nicht so gewesen sein dass die Person genau da steht…“.

Und weil das eben gar nicht so einfach ist,  gibt es in den unweiten des Internets leider auch viele Fotografen die gestellte Fotos, also nicht-candid, als Street Fotografie ausgeben und extrem hohe Reichweite erlangen. Mit etwas Erfahrung kann man so etwas aber erkennen, der Laie aber leider nicht. Aber das ist heute nicht das Thema hier im Blog.

Ich für mich behaupte, reine Strassenfotografie ist immer Candid bzw. war es auch immer. Für mich ist Strassenfotografie dadurch viel spannender aber auch schwieriger und bekommt dadurch einen Challenge Faktor. Ich freue mich umso mehr wenn der Bildausschnitt stimmt, das Licht passt und die Person exakt an der von mir vorher geplanten Stelle meine „Bühne“ durchschreitet, oder eine bestimmte Geste macht oder Eye-Contact entsteht usw..

Ist „Eye-Contact“ auch Candid?

Ja, im Prinzip ist es das, denn die Person schaut direkt in die Kamera, die Pose ist aber nicht bewusst eingenommen, da vorher keinerlei Absprachen vorgenommen wurden, es ist nur der kurze Moment. Die Person bemerkt aber den Fotografen und auch die Tatsache dass sie eventuell soeben fotografiert wurde.

Anders ist es wenn man eine Person auf der Strasse anspricht, frägt ob man die Person fotografieren dürfte, und dann ein Portrait anfertigt. Hier sind wir dann nicht mehr im Bereich Street oder Candid Photography, sondern im Genre der Portraitfotografie. Auch wenn es dann ein sog. „Strassenportrait“ ist.

Natürlich nur per Definition, denn solche Aufnahmen mischen sich zwangsläufig unter die vielen Fotos eines Streetfotografen, da es immer wieder mal vorkommt, dass man einen interessanten Charakter nicht richtig erwischt und dann die Person direkt anspricht um ggf. ein Foto machen zu dürfen.

Ist Candid oder Street-Photography dann rechtlich erlaubt?

Und immer wieder fragen mich Leute ob das rechtlich erlaubt ist. Wie bereits gesagt, ich bin kein Jurist und kann euch hier nur empfehlen euch im Internet schlau zu machen oder im Zweifelsfall einen Rechtsanwalt zu fragen.

 Jedes Land hat seine eigenen Gesetzgebungen.  Für mich ist es eine Art Grauzone und wichtig dabei ist die Art wie ich Menschen in meine Fotos einbaue bzw. auf welche Art ich sie zeige. Wikipedia schreibt dazu für Deutschland:

Germany protects the right to take photos in public, but also recognizes a „right to one’s own picture“. That means that even though pictures can often be taken without someones consent, they must not be published without the permission of the person in the picture. The law also protects specifically against defamation”.

Und wenn wir unsere Fotografie ja sowieso als Kunst ansehen:

If a picture is considered art, the courts will also consider the photographer’s freedom of artistic expression; meaning that „artful“ street photography can still be legally published in certain cases.

Also ich denke nicht, dass wir uns immer im illegalen Bereich bewegen, sondern unserer Leidenschaft im künstlerischen Sinne nachgehen. Oft hört man auch von Gerichtsbeschlüssen wo der Kläger dann Recht bekommen hat, wenn der Angeklagte die Fotos zu kommerziellen Zwecken benutzt hat, ohne um Erlaubnis zu Fragen.

Somit sollten wir mit unseren privaten Instagram Profilen und kleinen lokalen Fotoausstellungen als „Hobby-Fotografen“ im grünen Bereich sein.

Im Zweifelsfall kann ein Foto immernoch direkt in der Kamera gelöscht, aus dem Instagram Account entfernt oder aus der Ausstellung abgehängt werden, falls sich jemand darauf erkannt hat und dadurch gestört fühlt. Das sollte man dann natürlich auch ohne Diskussion tun.

So einen Fall gibt oder gab es allerdings selten, selbst Thomas Leuthard sagte auf einem Workshop, dass es trotz seiner internationalen Bekanntheit nur 1-2 mal vorkam, dass sich jemand auf seinen Fotos erkannt hat und es somit zu einer Konfrontation kam.

(Die im Blogartikel eingefügten Fotos von mir sind alles Beispiele für Candid Strassenfotografie mit Eye-Contact, ich kenne niemanden der fotografierten Personen und habe auch nicht mit den Menschen gesprochen.)

Gruß,

Marc

3 Comments on “candid? street? verboten?”

  1. Schöner, positiver Artikel mit guten Fotos. Oft sieht man ja im Prinzip nur Architekturfotografie, wo zufällig eine menschliche Silhouette rein läuft – und das heißt dann Streetfotografie! Leider sind wir ja in Deutschland dabei diese Kunstform abzuschaffen – Datenschutz geht vor! Ein Bruce Gilden säße bei uns längt im Knast! Gleichzeitig nutzen wir Facebook & Co, erfreuen uns an Streetfotografie-Ausstellungen und Pressefotos ohne weiter den Datenschutz zu hinterfragen. Eine sehr traurige Entwicklung. Vielleicht liegen es ja an den Datenschutz-Skandalen oder einfach daran, dass es sich ziemlich cool anfühlt den modernen „Datenschutz-Che Guevara“ zu spielen. Mit den Streetfotografen trifft es jedenfalls die Falschen, NSA und Facebook machen sowieso fröhlich weiter! Insofern finde ich den Aufruf zu mehr Mut sehr gut!

  2. Die Rechtslage und die Streetfotografie. Einerseits schwitze ich schon ein wenig, anderseits will ich mich davon nicht beirren lassen. Zum Glück gibt es da noch den Kunstparagraphen. Ich sehe mich selbst auch mehr als Künstler bei der Streetfotografie. Ich mach meine Fotos und schreibe auch keinen vor was Streetfotografie ist. Egal was auf Wiki oder sonst wo steht. Soll doch jeder machen was er will. Einzig wo ich mich zurückhalte, zumindest bei der Veröffentlichung, dass sind Fotos von Kindern und Obdachlosen. Bei den Letzteren insbesondere, wenn sie in ihrem „zuhause/unter der Brücke“ sind, da würde ich nicht ungefragt fotografieren. Hätte ich ja auch nicht gerne, wenn mich einer auf meiner Couch ungefragt fotografiert 🙂
    Ansonsten hatte ich auch schon für so manchen ein zweifelhaftes Foto. Einmal meine Frau in Paris, als sie aus der U-Bahnstation kam, da hatte ich ein richtig gutes Fotos gemacht, ohne dass sie es wusste. Das Foto hatte später in einem großen Fotowettbewerb sogar den ersten Platz gemacht. Ist das Foto nun kein Streetfoto, nur weil ich meine Frau bei einem Städteurlaub in einer tollen Situation fotografiert hatte? Ich hatte daraus auch nie ein Geheimnis gemacht, nicht mal bei der Preisverleihung. Meine Meinung: lass dich nicht verbiegen und geh deinen Weg 😉
    Lg
    Frank

  3. Immer wieder ein spannendes Thema. Eine gute Möglichkeit für uns, die kritische Einschätzung in der Öffentlichkeit zu entschärfen, ist die steigende Popularität der street photography in Deutschland. Die Aktivitäten der einzelnen Fotografen und insbesondere der street collectives tragen m. E. wesentlich dazu bei – mit Veranstaltungen, mit Ausstellungen, mit Beiträgen in den Medien etc. Wir sollten uns nicht verstecken, sondern die Öffentlichkeit an den Ergebnissen teilhaben lassen.
    Liebe Grüße
    Heinz-Dieter

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