von lieblingsplätzen und schönwetterstreetfotografie…

Im meinem letzten Beitrag „große bühne“ ging es um wiederkehrende Motive und die eigene Handschrift. Diesmal möchte ich mich mit speziellen Orten beschäftigen, an die wir immer wieder zurückkehren.
Ich denke jeder hat da so seine Lieblingsplätze oder hotspots, welche einen fotografisch über längere Zeit begleiten und eine Art „sicheren Hafen“ darstellen. Manche werden wie Schätze gehegt oder als Geheimtipps gehandelt andere bereitwillig anderen präsentiert. Der eine hat einen solchen Ort, die andere vielleicht mehrere.

Aber was macht einen Lieblingsort aus? Ist es eine bestimmte Stimmung, ein spezielles Licht oder einfach die positive Erfahrung eines oder mehrerer gelungener Bilder? Was es auch immer im speziellen sein mag, ich glaube gemeinsam ist diesen hotspots, dass wir uns an ihnen fotografisch in gewisser Weise sicher oder wohl fühlen. Sie sprechen unsere Sinne an und kommen unserer jeweiligen Art zu fotografieren entgegen. Bewusst oder unbewusst kommen wir, denke ich, an diese Orte zurück wenn es eben mal nicht „so läuft“. Man kann nun diskutieren, ob es gut ist in bekannte Muster zurückzufallen, ob zwangsläufig nicht immer die gleichen Bilder entstehen und ob es nicht besser wäre, seine Ziele und Grenzen zu verschieben. Aber letztlich ist es doch auch beruhigend zu wissen, dass es da so einen Ort gibt! Vielleicht kann man ja gerade dort konzentrierter, mit weniger Ablenkung fotografieren und Neues, nicht zuletzt an sich selbst, entdecken. Bruce Gilden beschreibt, wenn auch in einem etwas anderen Kontext, wie er mit seiner Kamera über mehr als 30 Jahre immer wieder die selben Straßen entlang gegangen ist…

Eine Straße in New York ist jetzt sicher eine sehr ergiebige Kulisse und Nürnberg hat mit dem Big Apple außer dem Anfangsbuchstaben wohl eher wenig gemeinsam. Nichts desto trotz würde ich es meinen Heimathafen nennen und es sind hier meine persönlichen Lieblingsorte zu finden. Einer davon ist das Neue Museum am Klarissenplatz. Es mag jetzt wieder kritische Stimmen geben, inwieweit Fotografieren in Museen ganz allgemein denn eigentlich noch Streetfotografie darstellt. Die Antwort – insofern man überhaupt daran interessiert ist – muss letztlich jeder für sich selbst finden. Ich sehe darin alltägliches Leben in öffentlich zugänglichem Raum. Ich mag die Ruhe, ich mag es Menschen und deren Interaktion mit den ausgestellten Werken zu beobachten. Einer, der dieses Spiel perfektioniert hat ist Stefan Draschan – die Ergebnisse sehr sehenswert. Und dann bringt ein Museum noch ganz nette Begleitumstände mit sich. Man ist unabhängig vom Licht, von der Jahreszeit und dem Wetter – sozusagen „Schönwetterstreetfotografie 24/7“ und so ein bisschen Weichei wird doch mal erlaubt sein.

Aber was macht jetzt speziell das Neue Museum in Nürnberg zu einem meiner hotspots? Die Faszination erschließt sich zum Teil schon vor der Tür. Man steht auf einem großen weitläufigen Platz vor dieser riesigen geschwungenen Glasfassade. Moderne, klare Linien bieten einen grandiosen Hintergrund, unzählige Spiegelungen und spannende Durchsichten. Und dann sieht man SIE bereits von außen, elegant geschwungen in ganzer Pracht – dank instagram die sicher berühmteste Treppe Nürnbergs. Inzwischen aus praktisch allen Winkeln fotografiert, oft als Kulisse für Hochzeitsaufnahmen genutzt, soll es schon diverse Fotografen geben haben, die nur ihretwegen nach Nürnberg gekommen sind. Die schnörkellose Architektur setzt sich im Innern fort. Modern, hell, offen und einladend bieten die weitläufigen Räume unzählige Möglichkeiten zu verweilen und zu beobachten. Gezeigt werden moderne Kunst und Design nebeneinander in Sammlungen und wechselnden Ausstellungen. Und wenn man sich dann mal der Faszination der präsentierten Objekte entziehen kann, ergeben sich immer neue spannende Momente und Interaktionen der Besucher mit selbigen. Das Museum bietet zudem viele Führungen, interessante Aktionen und hat sich nicht zuletzt auch der lokalen Foto- und instagram-Szene geöffnet. Es fanden bereits mehrfach Fotowalks in Kooperation statt, auch wir waren und sind einzeln oder zusammen immer wieder zu Gast und man hat nie das Gefühl, nicht willkommen zu sein. Probiert es aus und laßt euch begeistern!

Wie sieht’s mit euren Lieblingsplätzen aus? Laßt uns teilhaben und Nürnberg uns gegenseitig bzw. Auswärtigen näherbringen. Erzählt von euren streetfotografie-hotspots! Was macht sie zu solchen, was begeistert euch und warum kehrt ihr immer wieder dahin zurück. Macht uns neugierig mit 2-4 Bildern und helft mit, gemeinsam eine Karte – einen streetguide Nürnberg – zu erstellen…


Beiträge an mail@nuernbergunposed.com – wir sind gespannt!

Gerald

2 Comments on “von lieblingsplätzen und schönwetterstreetfotografie…”

  1. Hallo Nürnberg Unposed Team,

    sehr interessanter Beitrag und auch sehr interessante Idee. Da versuche ich mal was beizusteuern.

    Von einigen anderen Nürnberger Fotoenthusiasten habe ich ebenfalls gehört, dass man in seiner eigenen Stadt oftmals „Motivblind“ ist.
    Leider kann ich das ab und an auch bei mir beobachten. Um dem entgegenzuwirken, laufe ich immer neue Wege bzw. versuche von mir noch untentdeckte Gebiete anzusteuern. Dabei nehme ich auch bewusst in Kauf, dass ich manchmal mit leeren Händen nachhause gehe.
    Der Weg ist in diesem Fall aber immer wieder das Ziel und schult das Auge. So kommt es vor, dass ich manchmal auch mehr Erkenntnisse als Fotos sammle.

    Letztenendes hat mich genau diese Strategie, sich aus der eigenen Komfortzone herauszubewegen am meisten Erkenntnisgewinn und Inspiration explizit in der eigenen Stadtgebracht. Leider spiegelt sich diese Erkenntnis nicht immer im Endergebnis bzw. in den Fotos so wie ich es gerne hätte wieder. Heisst ich muss noch an der Umsetzung in die Praxis arbeitenbzw. liegt es an der Kopflastigkeit, die mir schon paar mal wohl zurecht vorgeworfen wurde (lieben Gruß an Chris :D).

    So habe ich zwar keine festen Hotspots, aber da man sich der jeweiligen Lichtsituation (inkl. Zeit und Wetter) anpassen muss und nicht umgekehrt, haben sich gewisse Plätze für ganz bestimmte Lichtverhältnisse als sehr vorteilhaft erwiesen. Hierzu gefällt mir ein Tipp des bekannten Streetphotographen Alan Schaller sehr gut, der besagt das man seinen eigenen Willen nicht der aktuellen Lichtsituation aufzwingen sollte (z.B. starke Kontraste, wenn die Lichtverhältnissedafür garnicht ideal sind) sondern das Licht das Aussehen und die Anmutung eines Fotos (quasi) diktieren lassen.

    Den einen festen Hotspot für alle Lichtverhältnisse und Uhrzeiten gibt es daher meiner Meinung nach nicht. Eigentlich logisch.
    Und wenn sich ein Hotspot doch als relativ „universal“ erweist (wie z.B. das im Artikel erwähnte Neue Museum und/oder dessen Wendeltreppe) ist eher der eingefangene Blickwinkelund die im Foto integrierten Elemente (Menschen, Geometrie und/oder Reflektionen etc.) eines jeden Fotografen ein Unikat, statt das offensichtlich statische Motiv (die Wendeltreppe) dieses Hotspots. Daher durchaus ein berechtigter Streetphotograpy-Hotspot. Es kommt drauf an was man daraus macht.

    Je nachdem ob ich mich in verschiedenen Streetphotography Stilrichtungen (Color-Matching, Architektur-Elemente etc.) ausprobieren möchte oder ein eigenes Projekt verfolge (z.B. 30 Tage lang jeden Tag ein schwarz-weiß Street-Foto) findet auch das Ablaufen meiner Hotspots (wenn man das so nennen kann) statt.
    Für Color-Matching Bilder sollte es bevorzugt gute Licht-Verhältnisse geben. Color-Matching heisst auch, dass man gutbesuchte Plätze aufsuchen muss um ein gutes Color-Match hinzubekommen oderman nimmt es beiläufig als „Zufallsfund“ auf, während man ungeplant unterwegs ist auf.
    Hier sind dichtbebaute Straßen und enge Gassen nicht immer ideal (kommt aber auch drauf an). Wenn ich persönlich minimalistische Bilder machen will (bevorzugt schwarz-weiß) mit architektonischen Elementen oder zulaufenden Linien eignen sich die Burg und Umgebung bzw. typische Altstadt-Ecken meiner Meinung nach auch weniger (lasse mich aber gerne eines besseren Belehren). Da sind dann eher Umgebungen mit moderner Anmutenden Neubauten interessanter (Breite Gasse, generell U-Bahnhöfe etc.).

    Um zum Punkt zu kommen… was sind meine Hotspots bzw. Lieblings-Hotspot. Den bzw. diese gibt es so eigentlich nicht. Lediglich mein Ausgangs-Hotspot hat sich immer öfter als ertragreich erwiesen. Und das ist ganz generell gesagt der Hauptmarkt (als Ausgangs-Hotspot), dessen „Hauptadern“ für schnelle bzw. kurze, aber auch ausgiebigere Streetphoto-Sessions für mich persönlich als ideal erwiesen haben. Je nach Lichtsituation (und Uhrzeit) oder Motivwunsch/Projektaufgabe kann man in nördliche Richtung weitergehen Richtung Burg oder südlich Richtung Lorenzkirche und weiter Richtung Hauptbahnhof (mehr Menschen, teilweise modernere Architektur). Oder was in Zukunft auch sehr interessant werden könnte ist das neue Deutsche Museum in der Augustinerstraße bzw. auch das neue IHK-Gebäude westlich des Hauptmarktes.

    Für mich hat sich der Hauptmarkt nicht per se als idealer Hotspot für Fotos erwiesen (wobei auch hier gute Fotos gemacht werden können), aber als idealer Ausgangspunkt.

    Hier ein paar spezifischere Tipps:
    – An sonnigen Tagen hat man abends wenn die Sonne tief steht die Möglichkeit vor bzw. in der Umgebung um das
    alte Rathaus Bilder mit hohen Kontrasten zu machen. Die tiefstehende Sonne wird von den Fensterscheiben des
    Rathauses auf die andere Seite reflektiert, die man für interessante Bildkompositioneverwenden kann.
    –>Hier ein paar Bilder von mir hierzu:
    https://www.instagram.com/p/B97KDYanwZ3/
    https://www.instagram.com/p/B9j0SkMnV6-/

    Folgende Beispielbilder sind ebenfalls mit Ausgangspunkt Hauptmarkt entstanden:
    Südlich Richtung Lorenzkirche: https://www.instagram.com/p/B8jknv4n82l/
    Westlich Richtung Hallertor: https://www.instagram.com/p/B8XG9iHHNuM/
    Nordöstlich Richtung Burggraben: https://www.instagram.com/p/B9NaMPcnD2S/
    Östlich Richtung Rathenauplatz: https://www.instagram.com/p/B8RfKPRnPKD/

    Bleibt alle gesund und passt auf euch auf!

    Herzliche Grüße

    Samuel

    Instagram: @samuel.ioannidis
    Website: ioannidis.info

  2. Pingback: nürnberg unposed collective - langzeitprojekt (m)eine strasse

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